Ich hatte es schon in einem früheren Post einmal angedeutet und in einem Kommentar empfohlen, doch heute möchte ich es zum Hauptbestandteil meines Wochenposts machen: das Buch “Fettlogik überwinden” von Nadja Hermann ist letzte Woche im Ullstein-Verlag auch als “richtiges” Buch erschienen. Bisher war es nur als eBook erhältlich.
Die Autorin, vor wenigen Jahren noch selbst schwer adipös, hat sich die Mühe gemacht und eine Vielzahl von Studien gewälzt, um einmal hinter altbekannte Glaubenssätze rund ums Thema Übergewicht, Diäten und Abnehmen zu schauen. Die meisten davon konnte sie als Mythen, Halbwahrheiten oder schlicht Unsinn entlarven.
Als ich das Buch letztes Jahr las, war mein Abnehmprojekt zwar schon auf einem guten Weg, doch die Lektüre half mir durchaus noch einmal, die eine oder andere “Fettlogik” über Bord zu werfen. Seien es Begriffe wie der Jojo-Effekt oder vor allem der “Hungerstoffwechsel”, also der Glaubenssatz, der Körper würde erkennen, wenn man ihm weniger Nahrung als gewohnt zuführt und den Stoffwechsel dann in einen Sparmodus schalten. Dieser Effekt exisitiert zwar in der Tat, betrifft aber nicht Menschen mit Übergewicht, sondern tritt erst ein, wenn der Körperfett-Anteil in einem Bereich kurz vor dem tatsächlichen Verhungern angelangt ist. Dennoch sind Abnehm-Foren voll davon, man dürfe seinen Stoffwechsel nicht kaputt machen und solle aufpassen, nicht zu wenig zu essen.
Persönlich hat sich auch mein Blick auf die vor allem in den USA weit verbreitete Fat-Acceptance-Bewegung und das mittlerweile ins Gegenteil karikierte “Healthy At Every Size” geändert. Während ich natürlich weiterhin der Meinung bin, dass man Menschen nicht wegen ihres Gewichts verurteilen oder benachteiligen darf, gibt es hier meiner meinung nach gefährliche Tendenuzen, jeglichen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Gesundheit als “Fat Shaming” zu verurteilen, während abnehmwiliige pauschal als anorektisch oder essgestört verurteilt werden. Noch ist dieser Trend in Deutschland nicht so ausgeprägt, aber es gibt Tendenzen in diese Richtung, wie zum Beispiel der auf dem letzten SPD-Parteitag beschlossene Antrag „Keine Chance für Fat Shaming – Es den Dicken leichter machen“. Dieser Antrag scheint auch auf der Annahme zu beruhen, das Gewicht sei etwas angeborenes, unveränderliches, ähnlich der Hautpigmentierung oder des Geschlechts. In einer Gesellschaft, in der Übergewicht zur Norm geworden ist, halte ich solche gut gemeinten Tendenzen eher für schädlich als hilfreich.
Nadja Hermann begleitet ihr Buch übrigens auch mit einem recht aktiven Blog. Ihr Buch hat es in der gedruckten Form bereits in die Spiegel-Bestsellerliste geschafft. Der Begriff “Fettlogik” stammt ursprünglich vom Subreddit /r/fatlogic.
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